Das Zauberwort um 55% häufiger das zu bekommen, was du willst heißt…
… nicht etwa: “Bitte” !
Clemens Schleiwies:
Gestern lachte mir die Münchner Frühlingssonne wieder so herrlich ins Gesicht, dass ich spontan beschloss, mein erstes Eis der Saison zu essen. Vor mir in der Schlange, stand eine junge Mutter mit ihrer kleinen Tochter, die mit großen Kulleraugen die Eissorten begutachtete. Der kleine Lockenschopf kam zurückgeeilt und zupfte eifrig am sommerlichen Kleid seiner Mutter und sagte: “Mama, Mama, ich will aber unbedingt 2 Kugeln bekommen”. Die Mutter strich ihr liebevoll eine Locke aus dem Gesicht und sagte: “Spätzchen, das ist doch viel zu viel, außerdem, wie heißt das Zauberwort?” Das Töchterchen rief ganz empört: “Bitte, Bitte…”.
In diesem Moment konnte ich nicht anders und musste über die niedliche Situation laut auflachen. Sowohl Mutter als auch Tochter schauten mich mit großen Augen an und so musste ich den Beiden erklären, dass nicht etwa “Bitte” das Zauberwort sei, um mit viel höherer Wahrscheinlichkeit das zu bekommen, was man will, sondern das Wort “Weil”! Genauer gesagt, bringt das Wort “Weil” eine Erfolgssteigerung von 55%.
Ich erklärte, dass es zu diesem interessanten Phänomen eine Studie der Verhaltensforscherin Ellen Langer gibt, die 1989 folgendes Experiment durchführte:
In einem hochfrequentierten Kopierraum einer großen Firma, vor dem sich Mitarbeiter regelmäßig in einer Schlange anstellen mussten, um ihre Kopien zu erledigen, schickte Ellen Langer eine Versuchsperson mit den Worten vor: “Darf ich bitte zuerst an den Kopierer?”
In 60% aller Fälle stimmten die Personen zu und ließen die Versuchsperson zuerst kopieren. Ellen Langer wollte nun den Erfolg des Wortes “Bitte” testen, und stellte fest, dass es nur eine sehr geringe Auswirkung auf den Erfolg hatte. Als nächstes testete Ellen Langer den Satz: “Darf ich bitte zuerst an den Kopierer, weil ich es sehr eilig habe?”
Das Ergebnis lag mit 94% Zustimmung weit höher, also ohne den Zusatz: “…,weil ich es sehr eilig habe”.
Die eigentliche Überraschung des Versuchs zeigte sich jedoch, als Ellen Langer den Satz testete: “Darf ich bitte zuerst an den Kopierer, weil ich ein paar Kopien machen muss?” Selbst diese völlig abstruse Begründung – da ja jeder aus dem gleichen Grund in der Schlange stand, brachte mit 93% einen ähnlich großen Erfolg wie die legitime Begründung mit der besonderen Eile.
Ellen Langer kam zu dem Entschluss, dass “Weil” ein erfolgreiches Wort der menschlichen Beeinflussung ist. Die menschliche Spezie liebt es schlicht und einfach, Begründung für ihr Handeln zu haben und Menschen reagieren dementsprechend positiv darauf.
So zeigt beispielsweise der reduzierte Preis eines Produktes, weil heute Black Friday, Ostern, Weihnachten oder wegen zu vollem, oder zu leerem Lager, oder einfach nur, weil du heute besonders gut gelaunt bist, eine viel bessere Wirkung, als ein reduziertes Angebot ohne Begründung.
In deiner Marketingmessage solltest du das Wort “Weil” fortan viel häufiger benutzen. In deiner Kindererziehung, dagegen, kann das Zauberwort weiterhin “Bitte” heißen, denn ich bin davon überzeugt, hätte das kleine Mädchen gesagt: “Mama, Mama, ich möchte bitte zwei Kugeln Eis, weil ich so großen Hunger habe”, so hätten die Chancen um 55% besser gestanden, dass die Kleine sich über zwei Kugeln Eis in ihrer Waffel hätte freuen können.
7 Comments
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Daniel
Hey Clemens,
das ist aber ein schöner Tipp. Und jetzt geh ich ein Eis essen, weil ich Hunger habe. :-)
Gruß
Daniel -
Andrea Braunger - Stratelyse
Hallo Clemens,
ich habe zufällig deinen Blog gefunden und bin total begeistert. Mein herzlichstes Dankeschön für z.B. diesen Beitrag! Habe SOFORT ein “weil” auf meiner Homepage versteckt! ;-)
Ich selber bin große Verfechterin der Einfachheit (und wie mir sogar gerade ein toller Arzt bestätigte: ALLES kann man so erklären, dass mein Gegenüber es versteht. Wenn man es selber auch verstanden hat… ;-)).
Das Beispiel mit dem “weil” ist klasse, weil es mich immer neugierig macht, wenn da ein “weil” in einem Text hinter einem Komma steht, weil ich wissen will, wie es da weiter geht. Weil ich “Überzeugungstäterin” bin, weil ich glaube, dass wir mit Argumenten überzeugen.Weiter so…schöne Grüße
Andrea -
BroFist
Interessanter und iwie auch amüsanter Artikel :-D ich werfe jetzt mal noch als These in den Raum, dass wenn man das Ganze um ein “um” bzw. eine “wichtige Begründung” erweitert, die Quote bei 100% liegen würde. “darf ich BITTE an den Kopierer, WEIL ich sehr eillig habe und alles rechtzeitig für das Meeting mit unserem neuen Geschäftspartner fertig sein muss UM den fortwährenden Geschäftserfolg zu sichern” – oder irgendwie so in der Art eben. Ist doch auch der Grund warum wir im realen leben immer wieder gerne kleine Notlügen o.ä. auspacken, um schneller zu gewünschten Ziel zu gelangen ;-)
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Rudi
Möglicherweise gibt es Situationen, in denen man sein Verhalten begründet, etwa im Umgang mit Partnern oder Vorgesetzten. Dort, wo man voneinander abhängig und aufeinander angewiesen ist.
Im allgemeinen würde ich davon abraten, sich ständig zu erklären. Wer anderen Erklärungen liefert, zeigt damit keine Souveränität und Autonomie.
Filmfiguren, die wir bewundern, erklären, begründen oder rechtfertigen ihr Verhalten nie. Sie würden uns unselbstständig und schwach erscheinen.
Wer sich rechtfertigt, macht sich klein. Widerstehen Sie der Versuchung! Denn Sie erheben damit unbewußt eine andere Person als wichtiger als sich selbst. Und Ihre Selbstachtung nimmt dadurch Schaden, denn sich selbst kann man nicht betrügen.
“A gentleman will walk but never run”, singt Sting in seinem berühmten “Englishman In New York”. Schon in dem Moment, in dem ich anfange dem Bus hinterherzulaufen, um einen Termin nicht zu verpassen, stelle ich andere über mich.
Verlust an Würde: Das ist der Preis, den man für diesen vermeintlichen “Trick” zu zahlen hat. Man hat sich etwas durch Liebkindmachen erkauft. Wer im Recht ist, braucht sich nicht zu rechtfertigen, wer im Unrecht ist, erst recht nicht.
Man kann allerdings auf allzu neugierige Fragen von Personen nach Dingen, die sie nichts angehen, die nichtsagende Begründung liefern: “Weil’s mir Spaß macht.” Damit läßt sich der andere i.d.R. abspeisen.
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Lisa
Wer mich nicht kennt kann sehr glücklich sein, denn ich manipuliere Leute sehr gerne wir komisch es auch klingen mag…aber ich bekomme fast immer was ich will auch ohne dieses “Weil“. Ich selber kann es mir nicht erklären jedoch habe ich einfach so einen Charakter. Es ist mein Charaktereigenschaft so etwas zu machen. Vor allem muss ich immer alle Sachen kommentieren was zwar nicht immer sehr gut ist aber in den meisten Fällen eine große Hilfe ist. Jeder der das liest sollte mal zB. Des Eis schmeckt hier mega lecker=Kommetar…darauf folgend Mama könnte ich bitte ein Eis haben weil nur hier schmeckt es so lecker=Frage und Begründung zum hervorragen Kommentar hervorgehoben.
Marketing Goldrausch
Hi Clemens,
das ist ja mal eine schöne Entdeckung! Bitten ist zwar auch oft eine erfolgreiche Strategie (vor allem wenn man es öfter tut als nur einmal), aber ein “reason why” zieht offenbar viel mehr.
Ich glaube, wenn man diesen “Weil”-Trick in Marketing-Emails verwendet, dann kann man damit gute Erfolge erzielen.
“Bitte lies diese Mail zu Ende, weil…”
“Ich empfehle dieses Tool, weil…”
“Klick diesen verdammten Link jetzt, weil sonst die Welt untergeht…”
Gruß
Tim